Karneval anno dazumal

War Dormagen schon immer so Jeck?

von Eduard Breimann

 

Der Dormagener an sich ist ja kein Narr. Nein! Aber ein Jeck wird er, wenn der Kalender ihm sagt, dass es an der Zeit sei, sich närrisch zu geben. Diese sogenannte Karnevalssession oder die „fünfte Jahreszeit" wird ja offiziell am „Elften im Elften", also dem 11. November, um „Elf Uhr Elf" begonnen und dann hält den Dormagener nichts mehr.

Natürlich muss die Frage gestellt werden, ob das denn wohl schon immer der Fall war, oder ob etwa der „kölsche Karnevals-Bazillus" sich schon zu früheren Zeit wie eine Epidemie nach Dormagen ausgebreitet hat. Das hat er wohl getan, drang zuerst vor bis ins Dorf Worringen. Diese Worringer kamen ja erst 1922 nach Köln, also wurden quasi der nördlichste Wurmfortsatz der damaligen Fastelovend-Stadt „Cöln".
Die Folge war, dass zahlreiche Dormagener närrischer Weise den Handwagen voll mit Bier und anderen lebens- und feierwichtigen Dingen bepackten – etwa mit einer Flasche Korn – und damit am Rosenmontag nach Worringen zogen. Sie stellten sich, sogar kostümiert, an den Straßenrand, feierten und riefen „Kölle Alaaf!"

Es war nun aber so, dass Worringer und Dormagener eine kleine Hass-Liebe verband. Hatte doch Dormagen den "Wurringern" 1920 das Bayerwerk weggeschnappt und kassierte fortan die reichlichen Steuern. Darum, und weil sie die Dormagener schon immer etwas scheel angeschaut hatten, nannten sie sie hämisch „Wenkbüggel". Der Rheinländer weiß, dass damit der leckere Windbeutel gemeint ist. Die Worringer sehen in den Dormagenern also den Windbeutel als einen mit Luft aufgeblasenen, ansonsten nichts aufweisenden Beutel, oder auch als einen Prahlhans.

So war es auch 1948, dem 3. Jahr nach Kriegsende. Wieder waren viele Dormagener beim Worringer Umzug gewesen und hatten sich „Do sin de Wenkbüggel allt widder!" anhören müssen.
Doch diese windige Sache lies den Dormagenern keine Ruhe. Am 11. Februar 1948, dem Aschermittwoch, ging man in „Sack und Asche", und beschloss nach dem Besuch der Hl. Messe, dass man es den „Wurringern" schon zeigen werde.

Im Gasthof „Zur Krone", bei „Meisens Püff", setzten sich etliche bedeutende Dormagener Männer zusammen und berieten, wie's weitergehen sollte mit der Narretei. Wortführer war, unterstützt vom Rheinfelder Volksschullehrer Alfred Hein, Johann Extra, der „Lappe Schäng".
„Wir gründen einen Dormagener Karnevalsverein, nennen uns Wenkbüggel und feiern unseren eigenen Fastelovend! Dann sind die Worringer platt!"

So wurde es beschlossen und flugs die nächste Session beraten. Das geschah mit reger Beteiligung der Rheinfelder Narren, die bislang im Haus Dick ihren eigenen Fastelovend gefeiert hatten.
Also begann der organisierte Dormagener Karneval im Jahre 1949. Der Rheinfelder Dorfschullehrer Alfred Hein, selber ein Freund des karnevalistischen Geschehens, spannte die Rheinfelder ein, die sofort ein großer Bestandteil der Dormagener Wenkbüggel wurden; sie waren ja schon immer Teil von Dormagen gewesen.

Eine Sitzung der „Wenkbüggel“ - Ganz links Zeremonienmeister Johann Extra

Eine Sitzung der „Wenkbüggel“ - Ganz links Zeremonienmeister Johann Extra

Es verwunderte niemanden – nicht einmal die Worringer Karnevalisten – dass sich der Dormagener Karnevalsverein, der sich nicht scheute, sich selber auf die Schüppe zu nehmen, eben „Wenkbüggel" nannte. In dem wurde Johann Extra Zeremonienmeister, ein wichtiger Posten. Im Bild 2 sehen wir ihn ganz links außen sitzen. Außerdem auf dem Foto: Prinz Josef Pullem, (hintere Reihe). Vordere Reihe von links: Lappe Schäng als Literat, Peter Lehmacher, Günther Krämer, Sitzungspräsident Fritz Till, Rolf Kalweit, Willi Läpple.

Karnevalswagen 1949 auf dem Gelände der Zuckerfabrik

Karnevalswagen 1949 auf dem Gelände der Zuckerfabrik

1949 am 28. Februar fand in Dormagen zum ersten Mal in der Geschichte der Gemeinde ein Rosenmontagszug statt. Aus diesem Grund fiel in Dormagen und Rheinfeld auch erstmals der Unterricht aus und wurde dafür am 7. März, dem ersten Tage der Osterferien, nachgeholt.

Der 1. Dormagener Rosenmontagszug, veranstaltet von den Wenkbüggel, stand unter dem Motto „Dormagen, wie es lebt und lacht".

Das Festkomitee vergab die Regentschaft an Sr. Tollität Prinz Fritz II. Der Prinz gab einen närrischen „Erlaß" heraus, der unterschrieben war mit: „Gegeben im 5. Jahre der Hoffnung auf Frieden, Dormagen, den 27. Februar 1949, Fritz II., Edler vom Nettergassenstein, Graf von und zu Wenkbüggelshausen".
Viele Dormagener und Rheinfelder Bürger beteiligen sich am närrischen Treiben. Es war ein großartiger Auftakt für die närrische Dormagener Zunft.

Die Wenkbüggele 1948 nach der Gründung vor dem Gasthof Nussbaum, dem späteren Ratskeller

Die Wenkbüggele 1948 nach der Gründung vor dem Gasthof
Nussbaum, dem späteren Ratskeller

1950 19. Februar Am Karnevalssonntag trafen sich viele Rheinfelder und Dormagener Kinder im Saale Päffgen in Dormagen, um den 1. Kinderball zu begehen. Und so ging es mit Riesenschritten vorwärts.
Die Mottowagen wurden bejubelt, griffen sie doch immer wieder aktuelle Themen auf. Riesigen Spaß machte 1958 der Wagen, mit dem man den „Wurringern" eins auswischte. Die hatten den Dormagenern doch tatsächlich das Bayerwerk wegnehmen wollen, weil sie die dicken Steuereinnahmen für sich deklarierten. Das misslang aber und prompt sagten die „Wenkbüggel" ihnen „Ätsch!".

Karnevalszug 1958, Dormagen

Im Karnevalszug 1958 lachte man beim Anblick dieses Wagens
über die Worringer, die das Bayerwerk zum Werk Worringen machen wollten.

Die Wenkbüggele wurden die großen Spaßmacher in Dormagen – und das auch in Zeiten, in denen vielen Dormagenern der Spaß verging, denn noch waren viele Männer in russischer Kriegsgefangenschaft. Viele bekannte Männer aus dem Dörp waren damals Wenkbüggele, so zum Beispiel Jakob van der Löcht und Kurt Theis. Es gab aber auch einen Tanzoffizier und der hieß Mathias Hau, genannt Mattes. Später wurde dieser elegante und gelenkige Tänzer Gastwirt vom Ratskeller und stellvertretender Vorsitzender des BSV. Er tanzte zum Beispiel mit der hübschen Christa Klingenberg, die ihm als Tanzmariechen zugeteilt war. Zu der tanzenden Truppe gehörten auch etliche „Mannsbilder", die damals als besonders gutaussehend bewundert wurden.

Schon früh entdeckte Johann Extra zwei Leidenschaften, die ihm als Literat oder Zeremonienmeister der Wenkbüggele zugute kamen: Er reimte! Und er interessierte sich für Spitznamen und überhaupt die Vorgänge in Dormagen. Wie sagte Johann Extra in einem seiner Mundartgedichte?

„Dröm hat bahl jeder noch ne Name - ke Minsch wehß hück noch, wie se kohme."

Möhne der Wenkbüggel 1956, am Höhernberg, Marsch durch Dormagen

Möhne der Wenkbüggel 1956, am Höhernberg, Marsch durch Dormagen

Das Möhnenwesen war Kult in dieser Zeit. Tolle Kostüme und herrliche Masken wurden in jedem Jahr von vielen Frauen getragen. Ob sie jung oder alt waren, ob sie schön, hübsch oder gar faltig und grässlich aussahen, das erfuhren die sie umschwärmenden Männer erst um Mitternacht, wenn die Masken abgenommen wurden. Wer es vorher wagte, hinter die Maske zu schauen, der bekam die Ratsche zu spüren wurde fortan mit Missachtung bestraft.

Nun müssen wir uns einem anderen Mann widmen. Einem gestanden „Narren", wie ihn Dormagen noch nicht erlebt hatte - Nikolaus Schmitz, der „Schmitze Klös". Die Vergangenheit der Dormagener Narrenzunft zu beschreiben, ohne das Wirken von Schmitze Klös zu erwähnen, das wäre eine echte Narretei.
In vielen Dingen war „Schmitze Klös" das Original, das zuvor sein Vater, „Plaate Klös", für Dormagen gewesen war. Er fuhr zwar nicht mit dem Rad, versuchte nicht, wie sein Vater, Bären zu Boden zu ringen, aber er war wie sein Vater einer, der in Dormagen Flagge zeigte. Seit 1948 gehörte er dem Bürgerschützenverein an, war Mitbegründer der „Wenkbüggel" und beliebt als „Hofnarr" bei den Sitzungen und später als Sitzungspräsident der „Ahl Dormagener Junge" und schließlich dort 1985/86 als Prinz Karneval. Sein Name ist untrennbar mit dem Karneval in Dormagen verbunden.

Am 21. Oktober 1979 wurde der Verein der KG „Ahl Dormagener Junge" ins Leben gerufen.
Der in ganz Dormagen bekannte Nikolaus Schmitz von der Marktstraße, genannt „Schmitze Klös" übertrug den Bazillus „Karnevalitis" auf Jung und Alt.

Die Umzüge wurden ständig größer, immer neue „Fußtruppen" und immer mehr bunte Wagen begeisterten das Publikum, das die Straßen säumte.

Hier ein Beispiel: 1954 am 1. März Rosenmontag! Bei windigem Wetter und einzelnen Schneeschauern bewegte sich der Zug mit 10 Wagen und vielen Gruppen und Einzelgängern durch die geschmückten, von vielen Zuschauern gesäumten Straßen.

Und der schöne Brauch der Möhnen lebte weiter. Nun wurden bereits drei Lokale zu „Hochburgen des Karnevals: „Zur Krone", „Ratskeller" und – besonders beliebt bei den Möhnen – das „Em Höttche".

Seit 1980 beteiligten sich die Rheinfelder Karnevalsfreunde mit jeweils einem eigenen Motto, einer großen Fußtruppe in gleich gearbeiteten Kostümen und mit einem Mottowagen am Dormagener Karneval.
Die Vorbereitungen zum Karnevalsumzug begannen jeweils noch im alten Jahr. In Versammlungen, zu denen alle Interessenten aus Rheinfeld eingeladen waren, liefen die Vorbereitungen an. Das Motto wurde diskutiert, Wagenbau und Kostümart beschlossen und die nächsten Treffen vereinbart.

Immer wieder stellten die Rheinfelder Aktiven die größte Fußtruppe im Dormagener Karnevalszug. Sie zeigten mit ihrer Aktivität und ihrem „Spaß an der Freud" die Verbundenheit der Rheinfelder mit KG „Ahl Dormagener Junge".

In der Folge die Rheinfelder Züge aus den Jahren ab 1980:

Jahr Rheinfelder Motto Prinz der KG
1980 „D´r Rhing kütt us dem Bett“, Hans Wickert
1981 „Sträflinge“ , Heinz Hildebrand
1982 „Alt Rheinfeld“ Hans-Willi Bellen
1983 „Rheinfelder Flußpiraten“ Heinz Bouty
1984 „Engel und Teufel“ Peter Schmitz
1985 „Klingende Rheinfelder“ Hans Scheuer
1986 „En Rhiefend es de Sau loss“ Nikolaus Schmitz
1987 „Dat Hez von Dormagen es Rhiefend“ Edgar Raddatz
1988 „ Geh´n in Dormagen die Lichter aus,
die Rhiefender finden immer nach Haus“
Karl-Heinz Mölders
1989 „Op groß, op klein, Zwerge woll´n wir sein“ Hans Oemichen
1990 „Hexentanz en Rhiefend“ Günter Doderer
1991 Zug ausgefallen wegen des Golfkrieges Jürgen Buchholz
1992 „He kumme de Rhiefender Dötze“ Jürgen Buchholz
1993 „Rheinfeld ist einfach süß“ Hermann-Josef Opladen
1994 „Zauberhaftes Rheinfeld“ Wolfgang Sabors

 

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